Umso größer und populärer Deutschrap wird, umso mehr besteht die Gefahr, dass manche Künstler etwas unter dem Radar schweben und nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Für unseren Autor und Rapnews-Host Joshua, ist Reezy so ein Kandidat.
Reezy ist kein Newcomer mehr. Auch die Bezeichnung „Untergrund“ wäre definitiv zu viel des Guten, wenn man auf seine Zahlen blickt. Doch wenn es nach seinem Potenzial geht, hat der Frankfurter noch lange nicht die Aufmerksamkeit, die ihm eigentlich zusteht.
Reezy hat die Musik im Blut
Reezy kommt aus Frankfurt am Main, genauer gesagt aus Frankfurt-Nordweststadt. Der Heimat von Frankfurter Urgesteinen wie Azad, Tone oder Hanybal. Zu einem Frankfurter Urgestein hat er ein besonders enges Verhältnis: Reezy ist der Sohn von D-Flame, einer Frankfurter Rap-Legende und HipHop-Pionier. Gemeinsam mit Azad war er in den frühen 90ern Teil der Asiatic Warrios, ist sogar im Video zu „Fremd im eigenen Land“ von Advanced Chemistry zu sehen. Dieser Song gilt für viele als die Geburtsstunde von Deutschrap.
Als Solokünstler war D-Flame um die Jahrtausendwende besonders für seinen Mix aus Dancehall und HipHop bekannt. Nur folgerichtig war er 2016 auch als Featuregast auf „Palmen aus Plastik“ von Raf Camora und Bonez MC vertreten. Wenn das nicht die perfekten Bedingungen sind, um Rapstar zu werden, weiß ich auch nicht.
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Reezys Motto: Dinge selbst machen!
Das größte Alleinstellungsmerkmal des Frankfurters ist, dass er für sich selbst und für andere produziert. In seiner Garage hat er sich nach und nach ein Studio eingerichtet, um unabhängig zu sein. Laut eigener Aussage hat er sein Debütalbum „Teenager Forever“ vom letzten Jahr in ein 200€-Mikrofon eingerappt, weil ihm das Endergebnis besser gefiel als vom 14.000€-Mikrofon.
Auf seinem Instagramprofil geht er auch öfter mal live, zeigt, wie er produziert und gibt Tipps und Feedback an andere aufstrebende Produzenten. Unter dem Namen „Teenager Forever“ hat Reezy auch bereits ein eigenes Label gegründet und mit Trim auch seinen ersten Künstler unter Vertrag.
Nichtsdestotrotz steht er selbst nicht bei sich, sondern bei Two Sides unter Vertrag. An der Seite von Labelchef Bausa und Apache207 – was für ein Team! Aber vielleicht ist es auch da nur eine Frage der Zeit, bis der Frankfurter irgendwann die Dinge selbst in die Hand nimmt. Reezy ist ein Macher!
Wer ihm in Interviews zuhört und seinen Werdegang verfolgt, sieht, dass Reezy immer einen Schritt weiter denkt. Wenn es um seine Kunst geht, legt er eine große Detailverliebtheit an den Tag und scheint in alle kreativen Prozesse involviert. Sei es das Cover seines Debütalbums, natürlich die Musik oder auch die Videos.
Wie das aussehen kann, zeigt z.B. seine neueste Single „Excel“ mit einem scheinbar super spontanen und schnell entstandenen Musikvideo. Ehrlich gesagt, mir wäre das ohne die Sprachnachricht am Anfang wahrscheinlich gar nicht aufgefallen – geiles Ding!
Reezy hat einen Plan
Auch sein Debütalbum „Teenager Forever“ zeigt deutlich, dass Reezy großen Wert auf Details legt. Das Album ist keine Compilation von Singles, wie es bei einigen seiner Kollegen oft der Fall ist. Sondern ein klassisches Album, das dafür konzipiert wurde, in einer bestimmten Reihenfolge an einem Stück gehört zu werden. Diese Tugenden scheinen für manche veraltet zu sein, sind aber meiner Ansicht nach noch immer der Schlüssel, um zeitlose Musik zu machen und nicht in zwei Jahren wieder vergessen zu sein.
Wie ernst Reezy das Konzept „Album“ nimmt, zeigt auch die Menge an Musik, die er nebenbei releast. Während andere Künstler permanent Singles droppen und diese dann irgendwann, wenn man genug zusammen hat, zu einer zusammenhangslosen Sammlung collagieren und Album nennen, trennt Reezy strikt.
Auch er bringt viele Singles für zwischendurch, erst kürzlich kam z.B. die „Quentin Quarantino“-EP. Vor seinem Debütalbum gab es mit „feueremoji“ und „tropfenemoji“ auch schon zwei Mixtapes. Aber das alles hat mit dem Album am Ende nichts zu tun. „Album“ bedeutet für ihn also mehr Konzept, mehr Gedanken machen und sich länger Zeit lassen. Da könnten sich einige Rapper in Deutschland mal ein Beispiel nehmen, wenn man mich fragt.
Reezy ist überall willkommen
Blickt man auf seinen Feature-Katalog wird schnell klar: Reezy ist schon ordentlich rumgekommen in der deutschen Rapszene. Und das in völlig verschiedene Richtungen. Reezy selbst ist so ein vielseitiger und abwechslungsreicher Künstler, dass er mit Künstlern aus allen Ecken der Deutschrap-Landschaft zusammenfinden kann.
Am einem Tag produziert er mit „Vintage“ einen straighten HipHop-Banger für seinen Kumpel Rin, am nächsten Tag macht er total abgespactes Zeug mit Yung Hurn.
Am Tag darauf nimmt er mit dem Straßenrapper Kalim einen Song auf, arbeitet mit Bausa oder zelebriert mit Summer Cem das gute Leben. Reezy ist überall willkommen und bewegt sich in verschiedenen Welten. Das verschafft ihm – zusammen mit seinen großartigen Fähigkeiten als Produzent – eine Ausnahmestellung in der deutschen Rapszene. Ich glaube, sein Weg nach oben ist noch lange nicht zu Ende.