Rap und Rock sind eigentlich nicht wirklich Freunde. In der Vergangenheit gab es zwar schon viele Crossover-Projekte wie Limp Bizkit oder die Zusammenarbeit zwischen Linkin Park und Jay-Z für „Collision Course“. Aber eigentlich haben die Genres und auch die Leute, die das jeweilige Genre hören, nicht allzu viel gemeinsam.
Dennoch ist es gerade stark im Trend, dass Rock-Elemente immer mehr Einzug in Deutschrap erhalten. „Insomnia“ von RIN und den Giant Rooks ist das beste Beispiel und der bisherige Höhepunkt dieser Entwicklung, da sich hier nicht nur Soundwelten treffen, sondern die Künstler tatsächlich zusammengearbeitet haben.
Die Schlüsselfigur ist Alexis Troy
Verantwortlich für diesen neuen Sound ist in erster Linie der Produzent Alexis Troy. Früher vor allem bekannt als Teil des Produzententeams von Selfmade Records, liest man seinen Namen heute besonders häufig neben SERO, Kynda Gray oder RIN.
Kynda Gray – Was Du über RINs Labelkollegen wissen musst
Kynda Grays Debütalbum wurde komplett von Alexis Troy produziert und scheint der Ursprung seines neuen Sounds zu sein. Durch Songs wie „Pray“, dessen Anfangsmelodie an Nirvanas „Heart-Shaped Box“ erinnert oder „room706“, dessen Melodie stark an „Better now“ von Post Malone angelehnt ist, lieferte das Album die Blaupause für das, was von Alexis Troy noch folgen sollte.
Denn nur zwei Wochen nach dem Release des Albums kam eine neue Single von ihm und RIN. Nach „Meer“ war klar, dass der Sound, den Alexis Troy mit Kynda Gray entwickelt hat, nicht nur für Kynda Gray selbst bestimmt war.
Für „Meer“ sampelte Alexis Troy die Drums und das Gitarrenriff aus Nirvanas „Heart-Shaped Box“ und baute ein rocklastiges Rap-Brett daraus. Den Song hat RIN schließlich – und da schließt sich der Kreis – zusammen mit den Giant Rooks bei Late Night Berlin performt.
Alexis Troy ist nicht allein
Noch hat der Sound im Deutschrap nicht die ganz großen Wellen geschlagen, aber man erkennt auch anderen Stellen Tendenzen. Zum Beispiel bei Edo Saiya, der, ähnlich wie Kynda Gray, spürbare Einflüsse aus verschiedensten Genres hat. Für seinen Song „Hilf mir“ ist er in die Welt des Metal eingetaucht und auch sonst hört man seinem Album an, dass er von Gitarrenmusik mindestens genauso geprägt wurde wie von Rap.
Grundsätzlich kommt diese Soundentwicklung aber, wie fast alles im Deutschrap, aus den USA. Dort gibt es schon länger den Trend, dass Gitarrensounds mit modernen Trap-Drums vermischt werden und darauf eine Mischung aus Rap und Gesang passiert. Eine Zeit lang hat man das „Emo-Rap“ genannt. Gemeint waren damit junge Künstler wie XXXTentacion, Lil Peep, Trippie Redd oder auch Post Malone, der sich ja ohnehin problemlos zwischen verschiedenen Genres bewegt. Das beste Beispiel ist wohl sein gemeinsamer Song mit Rap-Superstar Travis Scott und Rock-Opa Ozzy Osbourne.
In den USA spielt Blink182-Drummer Travis Barker dabei eine entscheidende Rolle. Er hat mit XXXTentacion gearbeitet, erst kürzlich mit Trippie Redd ein ganzes Album veröffentlicht. Im letzten Jahr hat er mit dem Rapper Machine Gun Kelly ein Pop-Punk-Album gemacht. Seine Präsenz im US-Rap ist mittlerweile so stark, dass die Leute schon Witze darüber machen.
Vielleicht schreibt man schon bald den gleichen Tweet über Alexis Troy? 🤔