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Frustrationslevel 10/10: So hart trifft die Corona-Krise Künstler, Labels und Clubs wirklich

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Autor/in
Antje Barthold
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Durch die vielen Einschränkungen des öffentlichen Lebens während der Corona-Krise, brechen für so ziemlich alle Künstler und deren Labels ihre Einnahmen aus Liveauftritten weg und somit auch allen Clubs die Künstler, die dort die Bude füllen. Wie hart trifft es gerade zum Beispiel die Orsons oder Newcomer wie Majan oder Goldroger? Wir haben nachgefragt!

Für alle Künstler und Kunstschaffende bedeutet die Corona-Krise, dass sie ihren Job nicht, oder zumindest nicht so wie bisher, ausüben können. Der Staat hat zwar schnell reagiert, um ihnen finanziell unter die Arme zu greifen. Doch reicht das? Und wie sieht es mit der ganzen Musikszene in Deutschland aus - wird es bald überhaupt noch Clubs geben, in denen wir Konzerte schauen können oder stehen die so gut wie alle vor dem finanziellen Aus?

Darüber haben wir zum Beispiel mit den Orsons und Majan geredet - aber auch mit Steffen Posner, dem Geschäftsführer von "Chimperator Live", der Bookingabteilung vom Muiklabel Chimperator und Matthias Mettmann, einem der Betreiber der beliebten Konzertlocation "Im Wizemann" in Stuttgart.

Die Orsons in Corona-Isolation

In der Corona-Isolierung sind scheinbar alle Menschen sehr ähnlich: Maeckes ist viel in der Natur und hat viel Zeit für kochen, lesen und musizieren. Kaas hat sich in der Zeit ein Bücherregal gebaut und sein Fahrrad reaktiviert und bei Bartek ist "jeder Tag wie Samstag" - er kocht nur geiles Zeug, hat seinen Balkon schön gemacht, liegt da viel und liest. Nur Tua sagt, er ist immer im Studio. Von ihm haben wir ja auch schon den Song "Frühling" bekommen, in dem er seine Stimmung zur ganzen Corona-Krise in einen Song gepackt hat. Für ihn ist die Situation gerade aber gar nicht so ungewohnt:

Viele Leute fangen sich an zu fühlen, wie sich ein Künstler eh oft fühlt. Der Blick geht mehr nach innen, Leute beobachten sich im Verhältnis mit der Welt. Beobachten, wie sie fühlen. Für mich ist das eh mein normaler Modus, wie ich lebe.

"Wir haben uns schon voll gefreut, das neue Zeug zu spielen"

Gerade Ende letzten Jahres haben die Orsons ihr Album released - jetzt dürfen sie damit erstmal nirgendwo live auftreten. In unserem Skype-Interview wird recht schnell klar: Dass die Festivalsaison dieses Jahr für die Jungs ausfällt ist "krass schei**". Auch, ob ihre Tour gegen Ende des Jahres stattfinden kann, weiß noch niemand.

Gerade dieser Sommer wäre der Sommer gewesen, wo man alles spielt, wo man den ganzen Sommer unterwegs ist. Wir hatten wirklich den ganzen Sommer vollgeklatscht mit Festivals und haben uns auch schon voll gefreut das neue Zeug zu spielen.

Bis jetzt haben sie alle noch keinen Plan, wie es dieses Jahr weiter gehen wird - wie auch. Ob wir trotz Kontakteinschränkungen diesen Sommer die Orsons doch noch irgendwie live sehen werden, wissen sie auch noch nicht. Aber eins steht für sie auf jeden Fall fest:

Bitte auf jeden Fall was anderes, als einfach nur ein Skype-Konzert im Wohnzimmer – dann ist alles gut!

Von Tua gibt es große Props an den Staat

Der Einbruch der Festivalsaison bedeutet für die Orsons natürlich auch einen ziemlich großen finanziellen Verlust - vom Frust darüber, die neuen Songs erst einmal nicht vor Publikum performen zu dürfen, mal ganz abgesehen. Aber Tua hat viele lobende Worte, wie viele Künstler sofort unterstützt wurden:

Der Staat hat für mich auf noch nie vorher dagewesene, schnelle Art und Weise reagiert und Unterstützungen klar gemacht, die man unbürokratisch bekommen hat. Die ich bekommen hab, die die Jungs bekommen haben. Da sieht man, in was für einem stabilen Land wir leben, in dem sowas möglich ist.

Wen es in seinen Augen am krassesten trifft, sind die Techniker, die hinter der ganzen Bühnen- und Veranstaltungstechnik stehen. Ohne sie, könnte kein Künstler auftreten. Aber das sind die, die es gerade am härtesten trifft, denn denen fällt komplett der Job weg.

Ich finde nach denen muss genauso geguckt werden, wie nach uns. Denn ohne die geht es nicht.

Newcomer Goldroger in der Corona-Krise: Frustrationslevel 10/10

Als wir Sebastian aka Goldroger am Telefon fragen, wie hoch sein Frustrationslevel ist, weil die Festivals ausfallen, kriegen wir eine klare Antwort: 10/10!

Sein geplantes Release des zweiten Teils vom Album "Discman Antishock" am 8. Mai hat er aber trotz allem nicht gecancelt. Wenn er schon keine Festivals spielen kann, dann wenigstens das neue Album, sagt er. Seine Tour soll im Oktober starten - und er hat Hoffnung. Denn sollten bis dahin Veranstaltungen mit bis zu 1000 Besuchern wieder erlaubt werden, steht seiner Tour nichts mehr im Weg: Der größte Club, in dem er spielen würde, fasst 900 Leute.

Man macht das Album natürlich auch mit dieser Projektion im Hinterkopf, dass man am Ende damit touren kann. Man macht Songs, wo man denkt "Boah, der wird live gut funktionieren, da gibt es einen riesen Moshpit." Wenn das jetzt alles ausbleibt, wäre das schon sehr traurig.

Majan hofft auf geile neue Mukke nach der Corona-Krise

Auch Majan treffen als Newcomer die Einschränkungen des öffentlichen Lebens ziemlich heftig: Seine erste Headliner-Tour musste abgesagt werden.

Das ist übelst schade, weil es meine erste eigene Tour wäre und vor allem, weil "live" das Ding ist, wo man "entlohnt" wird und das zurückkriegt, was man reinsteckt.

Er erzählt uns am Telefon, dass er sich wünscht, dass jetzt viele Künstler zu Hause ihre Kreativität so richtig kanalisieren können und gegen Ende des Jahres "was krasses präsentieren". Allerdings sagt er auch:

Ich hoffe nicht, dass wir noch 150 Klopapierrollen-Songs kriegen.

Momentan ist er bei seiner Familie. Die sieht er sonst auch nicht mehr so viel und so freut Majan sich gerade, auch mal wieder schön zu Hause zu sein.

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die deutsche Musikszene sind noch nicht absehbar

Wenn niemand mehr auf Tour gehen darf - wie sieht es dann gerade bei den Musiklabels aus? Die leben ja auch davon, dass sie zum Beispiel für Musiker ihre Touren buchen. Darüber haben wir mit Steffen Posner gesprochen, dem Geschäftsführer von "Chimperator Live".

"Unsere Planung steht in den Sternen. Wir können nur vermuten."

Als die Nachrichten immer konkreter wurden, dass alle Großveranstaltungen erstmal bis auf weiteres abgesagt werden, war die Stimmung in der Firma erstmal schwierig. Viele Mitarbeiter hatten Existenzängste. Diese haben sich dank des Kurzarbeitergeldes vom Staat gebessert - eine große Angst bleibt aber:

Die Angst, die bei uns und wahrscheinlich in allen Branchen am größten ist: Dass wir einfach nicht wissen, wann geht es wie wieder weiter? Ab wann kann man überhaupt wieder planen?

Statt großen Clubtouren werden jetzt neue Ideen verfolgt, um in dieser Situation so viel zu machen, wie eben geht. Zum Beispiel Streamingformate entwickelt oder Autokonzerte geplant. Aber dass das zur Dauerlösung wird, glaubt er eher nicht.

Ich glaube, das sind alles Überbrückungslösungen, die einen Teil zur Finanzierung beitragen aber auch den Leuten so die Kultur vermitteln können – damit man sich überhaupt irgendwie seine Lieblingskünstler anschauen kann.

Finanziell, erzählt Posner, kommen sie als Bookingagentur mit den staatlichen Hilfen klar. Ohne das Kurzarbeitergeld, wäre ihnen sofort die Luft zum Atmen genommen worden. Aber ein Problem sieht er auch noch, wenn die Corona-Krise mal überstanden ist:

Gibt es überhaupt noch genügend Hallen, in denen ich meine Touren buchen kann? Ich glaube, mit den derzeitigen Hilfen, würden 80% der Locations pleite gehen.

Er sagt, man wisse aber auch schon, dass dafür noch mehr finanzielle Unterstützungen kommen sollen, die "einem gesunden Unternehmen einen Rettungsschirm geben".

Alleine schaffen es Clubs und Konzertlocations nicht durch die Corona-Krise

In einem Betrieb, bei dem die größten Fixkosten das Personal sind, hilft der Staat mit dem Kurzarbeitergeld aus. Aber wie ist das, wenn die größten Fixkosten die Miete sind - wie eben bei Clubs oder anderen Konzertlocations? Darüber haben wir mit Matthias Mettmann geredet. Er ist einer der Betreiber der beliebten Konzertlocation "Im Wizemann" in Stuttgart.

Er erzählt uns am Telefon, dass er momentan Sorgen und Existenzängste hat. Nach der ersten Verordnung, dass Veranstaltungen bis Mitte Juni nicht stattfinden dürfen, musste er mit seinem Team gut 100 Veranstaltungen verschieben. Jetzt müssen sie noch weiter nach hinten geschoben werden. Wobei da auch die Frage ist: Bis wohin? Können im September / Oktober wirklich wieder Veranstaltungen stattfinden?

Das ist für ihn ziemlich bitter, denn:

Jetzt gerade wäre die Zeit gewesen, in der wir uns einen Puffer aufschaffen müssten, mit dem wir durch das Sommerloch kommen.

Länger als einen Monat nützt die staatliche Soforthilfe nicht

Als Arbeitgeber sagt er, habe er gute Erfahrungen mit der stattlichen Förderung, dem Kurzarbeitergeld, gemacht. Als Veranstaltungsort hilft die Soforthilfe nicht so. "Im Wizemann" besteht aus über 3000 Quadratmeter Mietfläche mit den Büros, Bühnen und Backstageräumen. Da sind das Kurzarbeitergeld und die Soforthilfe nur ein Tropfen auf den heißen Stein, erzählt er uns. Über einen Monat hinaus werden ihm diese Hilfen leider nicht reichen.

Es ist gerade sehr aussichtslos. Wir hoffen, dass die Politik uns da hilft. Je länger das dauert, desto mehr kommt man zur Erkenntnis, dass man das als Location alleine eigentlich gar nicht schaffen kann.

Von der Politik kämen aber gute Signale, dass es weitere Hilfen geben werde, sagt er. Ein zukünftiges Problem sieht er allerdings auch nach den konsequenten Veranstaltungsverboten. Denn durch den Förderalismus in Deutschland könnte es passieren, dass jedes Bundesland für sich eigene Auflagen für beispielsweise maximale Besucherzahlen festlegt. Dann könnten zum Beispiel in Berliner Clubs 5000 Menschen wieder ein Konzert ansehen, während in Bayern vielleicht nur 1000 Menschen bei einer Veranstaltung zugelassen werden.

Wenn in einem Bundesland das Konzert abgesagt werden muss und eine Band hat auf ihrer Tour nur zwei Konzerte in diesem Bundesland, dann wackelt eigentlich schon die ganze Tour.

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