„Gestern habe ich herausgefunden, dass ich „innerlich blind“ bin. Wow. 34 Jahre alt und ich wusste nicht, dass die meisten von euch wirklich Bilder in ihren Köpfen sehen können. Und die auch wirklich sehen, wie Fotos. Ich dachte, das wäre nur ein Sprichwort. Ich sehe nur schwarz. Immer - schwarz mit weißen Punkten. Wie eine miese Version eines Nachthimmels mit Sternen. Egal, woran ich denke, ich sehe immer nur das.“
An dieser Entdeckung hat Bonnie Strange ihre Follower vor ein paar Tagen in ihrer Instagram-Story teilhaben lassen. Per Zufall sei ihr erst jetzt klar geworden, dass die Art, wie sie die Welt vor ihrem inneren Auge sieht - nämlich gar nicht - außergewöhnlich ist. Sie war davon ausgegangen, dass das bei allen gleich sei.
Was ist Aphantasie überhaupt?
Wer - wie Bonnie Strange selbst - etwas mehr über das Phänomen herausfinden möchte und das Internet durchforstet, stößt schnell auf Studien, verschiedene Artikel, Erfahrungsberichte oder sogar Erklärvideos:
Was dabei auffällt: Viele scheinen mit dem Phänomen erst nach 20 oder 30 Jahren ihres Lebens konfrontiert zu werden. Manche waren sogar noch älter, als sie erfahren haben, dass sie unter „Aphantasie“ leiden - einfach, weil jeder denkt, dass seine Sichtweise der „Normalzustand“ ist.
Es wird auch oft darauf hingewiesen, dass darunter „leiden“ das falsche Wort sei - Betroffene wären schließlich nicht krank! Sie erleben verschiedene Situationen aber anders.
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Aphantasie im Alltag: Warum sich nicht jeder an seinen „Happy Place“ denken kann
Bonnie Strange erklärt auf ihrem Instagram-Kanal: Für sie ergeben bestimmte Ratschläge, Sprichwörter oder Tipps im Alltagsleben überhaupt keinen Sinn.
Menschen mit "Aphantasie" könnten sich vor einem Referat zum Beispiel nicht einfach vorstellen, dass die Kursteilnehmer in Unterwäsche da sitzen und damit die Aufregung rausnehmen. Sie könnten sich auch beim Meditieren nicht an einen „Happy Place“, wie zum Beispiel einen Strand, träumen.
Damit ist sie offensichtlich nicht alleine.
„Dinge, die für einen Menschen mit Aphantasie nie Sinn ergeben haben:
- Schließe deine Augen…was siehst du?
- Geh’ an deinen Happy Place
- Zähl' doch einfach Schafe
- Nutze deine Vorstellungskraft (…)"
Selbst von Menschen, die ihr sehr nahe stehen, könne sich Bonnie Strange kein Bild vor Augen rufen. Sie wisse zwar, wie ihre Mama und ihr Kind aussehen. Vorstellen könne sie sich ihre Familie aber nicht.
Warum man mit Aphantasie nicht alleine ist
In der oben erwähnten Studie wird von einer geringen Anzahl an Personen gesprochen, die unter Aphantasie leiden und auch in dem Video wird erklärt, dass das Phänomen „selten“ sei.
Bonnie Strange vermutet jedoch: Aphantasie kennen vielleicht mehr Menschen als man denkt! Zumindest haben viele Follower auf ihre Story und ihr Posting reagiert. Da heißt es zum Beispiel:
Oder:
Aus den Kommentaren ist herauszulesen: Viele kannten das Phänomen gar nicht, fühlen sich aber angesprochen. Ähnliche Reaktionen gab es auch unter unserem Posting:
Oder auch:
Wie Bonnie Strange selbst mit dieser neuen Erkenntnis umgehen soll, weiß sie laut ihrer Story aber selbst noch nicht so recht.
So geht Bonnie Strange mit Aphantasie um
Ihre Reaktionen beschreibt sie dafür aber relativ ausführlich. Sie sei zuerst überrascht gewesen, was Leute mit ihrer Vorstellungskraft schaffen können.
Dann habe sie sich in ihrem Gehirn eingesperrt gefühlt. Sie sei traurig gewesen und habe das Gefühl gehabt, vieles zu verpassen. Tagträumen zum Beispiel.
In ihrer Story erklärt sie, Menschen, die diese Möglichkeit haben, sollten glücklich darüber sein. Dass sie damit aber nicht alleine ist, habe sie schließlich beruhigt. Und: Aphantasie habe sogar Vorteile!
Schlimme Momente, in denen Leute sagen „ich kriege das Bild nicht mehr aus dem Kopf“ hätte sie zum Beispiel noch nie erlebt.
Und: Situationen, in denen sie sich zu Schulzeiten nicht wohl gefühlt habe, würden rückblickend Sinn ergeben. Dass sie beispielsweise nicht gerne Bücher liest, würde einfach nur daran liegen, dass die Story keine Bilder in ihrem Kopf auslöse und sie sich deshalb beim Lesen langweile. Das könnte für viele auch beruhigend sein - und eine falsche Selbstwahrnehmung ins richtige Licht rücken.